Wir solidarisieren uns mit unseren Schwestern in der Türkei

Türkei verlässt die Istanbuler Konvention – Wir geben die Istanbuler Abkommen nicht auf!

 

Wir, die Frauengruppe, von DIDF solidarisier uns mit unseren türkischen Schwestern!

 

Der türkische Präsident Tayyip Erdogan hat mit sofortiger Wirkung die Istanbuler Konvention per Dekret rechtswidrig aufgekündigt, trotz Widerstand zahlreichen Frauen, die auf die Strasse gingen und gegen eine Kündigung protestierten.

 

Das Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, auch bekannt als Istanbuler Konvention, ist ein 2011 ausgearbeiteter völkerrechtlicher Vertrag, welcher am 1. August 2014 in Kraft getreten ist. Die Türkei war einer der ersten Unterzeichner, gemeinsam mit 45 Ländern, die sich verpflichtet haben, Frauenrechte verbindlich festzulegen und auf allen staatlichen Ebenen Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen und betroffen Frauen Schutz und Unterstützung zu bieten.

 

Die Istanbuler Konvention ist ein umfassendstes Dokument, das jemals über Gewalt gegen Frauen und geschlechtsspezifische Diskriminierung verfasst wurde. Im Umgang mit Gewalt hat die Konvention eine integrative Perspektive, um Gewalt zu verhindern und Opfer zu schützen, Täter zu bestrafen und notwendige Richtlinien zu diesem Thema zu entwickeln. Es stellt sicher, dass Gewalt gegen Frauen sowohl als Ergebnis als auch als Ursache von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts anerkannt wird. Es ist die erste internationale Konvention, die «sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität» im Rahmen der Diskriminierungsklausel betont und erklärt, dass es in dieser Angelegenheit keine Diskriminierung geben kann.

Die Ein-Mann-Hegemonie, die die Istanbuler Konvention beendete, zeigt erneut ihr frauenfeindliches Gesicht zu einer Zeit, als Femizide und Gewalt ihren Höhepunkt erreichten. Die Entscheidung kommt zu einer Zeit, in der Gewalt gegen Frauen gefährlich ansteigt. Infolge der Pandemie bedingten Isolation haben Gewaltverbrechen gegen Frauen und Mädchen drastisch zugenommen. Allein im Jahr 2020 verzeichnete die Türkei über 300 Femizide. Mit dem Festhalten an das traditionell-patriarchalische Familienbild werden Übergriffe auf Frauen durch Ehemänner, Brüder und Väter gefördert. Die frauenverachtende Rechtsprechung agiert dabei häufig als vollstreckende Henker statt als Wächter der Frauenrechte.

Unsere Errungenschaften kommen vor Gesetzen!

Die Kündigungsentscheidung wurde trotz der Tatsache getroffen, dass mit Präsidialdekret nicht aus internationalen Konventionen ausgetreten werden kann. Diese Entscheidung zeigt, dass alle derzeit auf Papier geschriebenen Rechte im Handumdrehen beseitigt werden können. Der Vertrag wurde gekündigt, obwohl 64 Prozent der türkischen Gesellschaft gegen die Kündigung des Vertrags waren. Bedingt durch die Folgen der Wirtschaftskrise hat die türkische Regierung innenpolitische unlängst eine härtere Gangart eingelegt. Erdogan treibt das Land in tiefere Spannungen, die sich in Polarisierung und Repression gegen Oppositionen und demokratische und fortschrittliche Kräfte entladen. Erst vor wenigen Tagen leitete die türkische Generalstaatsanwaltschaft ein Verbotsverfahren gegen die Demokratische Partei der Völker (HDP) ein. Der Austritt aus der Istanbuler Konvention fügt sich in das Gesamtbild eines Landes ein, das demokratische Recht mit Füssen tritt.

 

Wir als DIDF Frauen, sagen;

Wir, die Frauengruppe der Demokratischen Arbeitervereine DIDF Schweiz, solidarisieren uns mit unseren türkischen Schwestern und stehen solidarisch an der Seite der Frauen, die trotz stattlicher Widerstände ungebrochen ihren Kampf gegen Gewalt und Diskriminierung fortführen.

Wir verurteilen den Austritt der Türkei aus der Istanbuler Konvention und geben die Istanbuler Konvention nicht auf und fordern Konsequenzen von Europa sowie der Schweiz. Die Kündigung des Vertrages ist ein offensichtlicher Angriff auf die Gleichstellungsrechte der Frauen.